Entlassungsfeier Abschlussrede des Abiturjahrgangs 1997 des Leibniz Gymnasiums


Gelsenkirchen, 13. Juni 1997
von Nguyen, Tri Minh

Sehr geehrte Lehrer und Lehrerinnen, Herr Dr. Korte, liebe Eltern, liebe Mitschüler und Mitschülerinnen, liebe Referendare und sonstige Leute,

Und wieder entläßt das junge Leibniz-Gymnasium eine weitere Stufe. Und dieses Jahr sind wir die Glücklichen. Endlich haben wir es geschafft. Endlich, nach neun Jahren haben wir das geschafft, wofür wir neun Jahre lang gearbeitet haben und worauf wir neun Jahre lang geträumt und gehofft haben.

Wir sind im Begriff mit dem Abitur einen der wichtigsten Lebensabschnitte zu beenden und in einen neuen Lebensabschnitt einzutreten. Darum können wir hier und heute getrost sagen: Das haben wir uns verdient.

Laßt uns kurz zurückschauen auf diese neun/zehn/elf Jahre voller Spaß, Trauer, harter Arbeit und Faulenzerei. Es hat einen Grund, warum man sagt, daß man diese Zeit genießen soll, zumal es zu den schönsten Zeiten Deines Lebens gehört. Ich denke, daß jeder von uns sehr schöne Erinnerungen an diese Schule und an das Schulleben hat und ich möchte, daß Ihr Euch nun an diese Momente des Lebens zurückerinnert.

Ich möchte, daß Ihr jetzt kurz Eure Augen schließt oder zumindest Euch in die Vergangenheit zurückversetzt und Euren Erinnerungen freien Lauf gebt. Ich möchte, daß Ihr Euch einfach mit Lächeln daran zurückerinnert, was wir alles in diesen neun Jahren durchgemacht haben. Ich möchte daran erinnern, wie wir Herrn Fichtenberger immer Herrn F. genannt haben und daran, wie wir bei Frau Detela immer Käsekästchen gespielt haben. Oder wie wir immer verbotenerweise vom Schulhof geschlichen sind, und wie verrückt am Museumscafe entlang gerannt sind, nur um uns nicht von einem Lehrer packen zu lassen.

Ich möchte daran erinnern, wie Ulf in Jochgrimm sich komplett weigerte, zu bremsen oder wie Lucas sein einstündiges Referat auf ganze sechs Stunden verlängerte, oder wie wir Herrn Schörken versprochen haben, ihn zu seinem 50. Geburtstag zu besuchen. Nein, Herr Schörken, wir haben es nicht vergessen. Ich habe bis jetzt auch nie vergessen, wie Jens zum x. Male das Klassenbuch vergessen hat, und wie die 10e wöchentlich zwei bis drei kaputte Tische abgeliefert hat.

Denkt zurück an die Zeit, wo der Neubau noch nicht stand, und wir uns immer am alten Lehrerzimmer vorbeischlichen mußten, um ins Hauptgebäude zu gelangen. Denkt zurück an diese Zeit und haltet diese Momente, die das Schulleben eigentlich ausmachen, fest. Haltet sie fest und prägt Euch sie ein.

Vor allem möchte ich, daß Ihr Euch an die Freunde und Freundschaften erinnert. Freunde, die uns Liebe, Hilfe und Spaß gegeben haben. Freunde, die womöglich der Hauptgrund sind, warum wir überhaupt zur Schule gegangen sind. Freunde, die Freunde bleiben werden.

Und nun, schaut Euch um. Schaut Euch um und seht Euch an und haltet diesen Moment fest, denn auch dieser Moment wird eine weitere Erinnerung, die das Leben eigentlich ausmachen, werden. Denn heute werden wir, die Abiturienta 1997 des Leibniz-Gymnasiums, die allgemeine Hochschulreife erhalten. Ich denke, daß ich für alle Mitschüler und Mitschülerinnen spreche werde, wenn ich sage, daß wir dieses Ziel nur mit Hilfe vieler Personen erreicht haben. Darum bedanken wir uns hier im Namen aller Mitschüler und Mitschülerinnen bei unseren Lehrern für ihr Mühe und Geduld, bei unseren Eltern für ihr Mitgefühl und bei dem gesamten Leibniz-Team, das die Schule stets auf Trab hält. Ohne die Hilfe aller dieser Gruppen, sind wir nicht das geworden, was wir jetzt sind und haben nicht das geschafft, was wir geschafft haben.

Wir werden morgen die Welt offiziell nicht mehr als Schüler oder als Schülerinn betreten können und werden uns auch nicht mehr tagtäglich sehen, um uns auf die Nerven gehen. Aber macht dies einen so essentiellen Unterschied aus? Werden wir nicht mehr die sein, die wir sind, nur wenn wir uns nicht mehr sehen? Wir haben Erinnerungen gesammelt, die wir wie Spielzeuge in einer Kiste für einen Umzug verstaut haben, und immer, wenn wir uns in der neuen Wohnung danach sehnen, drin rumwühlen können. Diese Kiste können wir stets zum Spielen wieder auspacken, so lange wir uns nur daran erinnern, daß es diese Kiste gibt. Gebe Gott, daß wir diese Kiste niemals vergessen werden. Egal, was aus uns wird, Freunde werden Freunde bleiben, drum habt Spaß am Leben und genießt den nächsten Lebensabschnitt. Wenn ich zum Schluß doch mal den Mathematiker und Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz zitieren darf: Das Integral über f von x in den Intervallen a und b ist gleich groß F von b minus groß F von a, oder anders ausgedrückt: Das Leben ist nur ein Traum, träumt es.

Carpe Diem,
Nguyen Tri Minh